Vor einigen Wochen durfte ich in einem Betagtenzentrum eine Modeschau für dessen Bewohnerinnen organisieren. Die Idee dahinter war, dass auch Frauen, welche nicht mehr einfach Zugang zu Mode haben, sich schön einkleiden können. Denn oft fehlt einfach jemand, der mit den Frauen zum Einkaufen fährt und die Damen sind auf ihre Angehörigen angewiesen. Schon lange begleitet mich dieses Thema, wie man diesen Frauen wieder zu mehr Eigenständigkeit verhelfen könnte.
Bereits der Termin zum Einkleiden war aufregend! Die Anreise, das Kennenlernen der Boutique und dann natürlich das Aussuchen der Kleider für die Modeschau. Fünf Frauen Achtzig Plus, eine Tochter und die Betreuerin mit ihrer Mutter, haben sich für die Modeschau zur Verfügung gestellt. Mit Rollatoren, Rollstuhl und hilfsbereitem Chauffeur reiste die Truppe zum Ankleidetermin an. Nach der ersten Unsicherheit, ob man denn in der COLORA Boutique überhaupt etwas für sich finden würde, entstand eine wundervolle Dynamik: Die Frauen bewunderten sich gegenseitig, machten sich Mut und scherzten gemeinsam. So eine schöne Stimmung!
Wichtig war, dass sich die Frauen für die Modeschau nicht verkleidet vorkommen würden: Denn es braucht grossen Mut, sich vor anderen zu Präsentieren – und das wird auch im höheren Alter nicht einfacher. Der Körper ist und fühlt sich nicht mehr so an, wie er früher einmal war. Man zweifelt an seiner Attraktivität, fühlt sich nicht mehr gesehen und tendiert dazu, sich eher unauffällig zu geben. Kleidung ist oft nur noch Mittel zum Zweck und ob es dem Stil der Person entspricht, wird nicht berücksichtig. Doch Frau bleibt Frau: Die Damen wussten genau, was sie tragen wollen und was nicht. Es war ihnen ein Anliegen, ihren Stil ausdrücken zu können und es war ihnen wichtig, schön zu sein.
Der Tag des Events rückte näher und die Aufregung stieg nicht nur bei den Bewohnerinnen, sondern auch bei mir an. Der rote Teppich wurde ausgerollt, die Musikanlage getestet, die Stühle platziert und Garderoben zum Umziehen aufgebaut. Als der Saal sich immer mehr füllte und wir sogar stets weitere Stühle dazu stellen mussten, wurde mir bewusst, wie gross das Interesse an dieser Modeschau und wie wichtig dieser Nachmittag für die Frauen war.
Dann war es einfach nur noch ein Fest für die Sinne und für das Gefühl des Frau-Seins: Die Models strahlten so richtig von Innen heraus, ihre Augen leuchteten und ihre Körper bewegten sich plötzlich mit mehr Leichtigkeit. Ja sogar ein Rollator wurde in der Garderobe stehen gelassen und mit grossem Mut und erhobenem Kopf schritt die selbstbewusste Frau über den Laufsteg. Das Publikum liess sich verzaubern, staunte und bewunderte und dankte den Frauen mit wohlwollendem Applaus.
Dieses Gefühl möchte ich mit meinem Tun bewirken: Eine Frau darf Frau sein. Das Alter spielt dabei keine Rolle. Es sind die Umstände, welche bewirken, dass wir das Gefühl vergessen, wie schön und wundervoll wir sind. Das sehe ich oft auch schon bei meinen jüngeren Kundinnen. Doch im Herzen bleibt es stehts bewahrt: Wir sind Göttinnen und dürfen strahlen!
Danke für diesen eindrücklichen Moment und die Möglichkeit euch kennen gelernt zu haben, ihr mutigen und wundervollen Frauen. In grosser Anerkennung, eure Christine
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